Donnerstag, 17. Mai 2012

Stricken

Stricken gegen Hirnkater


Ich ging in die dritte Klasse, als ich eines Abends mit meiner Mutter am Küchentisch saß und gemeinsam mit ihr für eine Mathearbeit lernte. Ich beschwerte mich, dass mir der Kopf so rauchen würde, dass ich unmöglich auch nur noch eine einzige Aufgabe rechnen könnte. Meine Mutter lächelte und kramte ein blaues Wollknäuel aus den Tiefen ihres Nähkorbs und wir fingen an, einen Stoffhasen (am Ende ähnelte er mehr einer zerknautschten Ratte) zu häkeln. Meine Mutter erklärte mir, dass es nichts Besseres gäbe um sich von schweren geistigen Tätigkeiten zu erholen, als etwas mit den Händen zu schaffen und so rechneten und häkelten wir im Wechseltakt. 


Inzwischen bin ich leider immer noch eine Matheniete, aber ich habe mir ihren Rat zu Herzen genommen und so kann man mich in besonders stressigen Zeiten immer noch beim Akkordstricken, -häkeln, oder -nähen beobachten. Im Moment bleiben mir noch zwei Wochen um 30 Seiten meiner Abschlussarbeit zu schreiben und mein Paniklevel ist inzwischen so hoch, dass die Luft zum Atmen definitiv zu dünn geworden ist. Umso schneller wächst meine momentane Strickarbeit. Da mir im Moment für komplizierte Mustersocken die Konzentration fehlt, habe ich mir eine doch recht monoton anmutendes Projekt ausgesucht. Es wird eine Flagge, die einer lieben Person demnächst zum Geburtstag geschenkt wird. Dies erklärt auch die Farbwahl, mit der ich mich bis jetzt noch nicht angefreundet habe.



Gestrickt wird in einem einfachen Waffelmuster, denn da fallen selbst mir Fehler recht schnell auf und ich kann auch über mehrere Reihen hinweg korrigieren, ohne Ribbeln zu müssen. Verstrickt werden 600g der Soft Merino von Rödel in Rot, Gelb und Violet. Dank den Interchangeable Circular Needles (Größe 3,5) von Knitpicks und dem längsten Seil macht mir auch die Breite von 120cm nicht allzu viel zu schaffen. Lediglich die Handgelenke beschweren sich bei fortschreitender Länge des Flauschhaufens.


Ganz besonderen Spaß an diesem Projekt habe ich, da ich endlich eines meiner allerliebsten Musterbücher verwenden konnte. Ich habe es in einem polnischen Ferienhaus leicht eingestaubt auf einem Regal entdeckt und mich sofort verliebt. Die ausgesprochen freundliche und allerbester aller Ferienhausbesitzerinnen der Welt hat mir das Buch geschenkt und Miss P. war ausgesprochen glücklich. Das Buch wurde 1988 in Warschau herausgegeben und bietet 1000 Muster zum Stricken und Häkeln. In der Mitte finden sich bunte Fotos mit äußerst, nun ja interessanten Pullovermustern, die aus Gründen der Kuriosität und Neugierde doch einmal Nachstricken werden sollten. Zumindest spiele ich mit dem Gedanken! Und auch in Strickbüchern findet man Hinterlassenschaften der Vorbesitzer und so fielen mir beim Durchblättern verschiedenen Musterblätter und Notizen der Ferienhausbesitzern entgegen - wie schön!


Miss P. rechnet immer noch im Dreisatz...
Irgendwann einmal stricke ich das nach!

Hihi...
Sehr begeisterter Gesichtsausdruck des Jungen in Rot.




Wie gesagt, bleiben mir noch zwei Wochen um 30 Seiten zu Schreiben und - an dieser Stelle wenden wir die, in der dritten Klasse erworbenen Mathekenntnisse an - noch 15 834 Maschen zu stricken. 

Miss P. 

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